Weltweite Edelstahlproduktion und Auswirkungen auf Schleifmittelabsatz

Die globale Edelstahlproduktion konnte in den letzten zehn Jahren ein starkes Wachstum verzeichnen – eine Entwicklung, die sich positiv auf die Verkaufszahlen der Schleifmittelindustrie auswirkt. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf einige der Faktoren, die die erhöhte Nachfrage ausgelöst haben.

Was ist Edelstahl?

Edelstahl wurde erstmals 1913 von Harry Brearley hergestellt. In der Schleifmittelindustrie wird Edelstahl manchmal als Inox (Kurzform des französischen Wortes „inoxydable“, deutsch: „rostfrei“) bezeichnet und ist eine Legierung aus Stahl mit einem Chromgehalt von mindestens 10,5 %. Der Chromanteil ist das Element, das dem Edelstahl seine charakteristische Haltbarkeit und Korrosionsbeständigkeit verleiht, indem es eine dünne „passive“ Oxidschicht auf seiner Oberfläche erzeugt. Die beiden weltweit gebräuchlichsten Edelstahlsorten sind 304 und 316; sie unterscheiden sich leicht in ihrer chemischen Zusammensetzung – die Sorte 316 enthält einen größeren Anteil an Nickel.

Steigende Edelstahlproduktion

Die Produktionsvolumen von Edelstahl zeigen schon seit einiger Zeit eine steigende Tendenz. 2017 erreichte die Rohproduktion 48,1 Millionen Tonnen, was einer Steigerung von 5 % gegenüber 2016 entsprach. 2018 lag die Produktion von Edelstahl bei über 50,5 Millionen Tonnen, was einem weiteren Zuwachs von 5 % entspricht; damit hat sich das Produktionsvolumen in den letzten zehn Jahren effektiv verdoppelt. Wir haben uns einige der Faktoren angesehen, die hinter diesem Trend stehen und somit die Produktion in Zukunft weiter beeinflussen könnten.


1. Wachsende Weltbevölkerung

Der vermutlich größte, allgemeine volkswirtschaftliche Faktor, der die Produktion und Verwendung von Edelstahl beeinflusst, ist die ständig wachsende Weltbevölkerung. In einer beliebigen Auswahl von Produkten findet man höchstwahrscheinlich Teile aus Edelstahl. Entsprechend wächst mit einer zunehmenden Bevölkerung auch die Nachfrage nach diesen Produkten und der Bedarf an den entsprechenden Teilen und Rohstoffen.

Bauindustrie

Aufgrund seiner Langlebigkeit, Korrosionsfreiheit, seiner hygienischen Eigenschaften und seines derzeit relativ niedrigen Preises ist Edelstahl ein attraktiver Werkstoff für Bauprojekte. Eine wachsende Weltbevölkerung erhöht den Bedarf an Flächen und Gebäuden – Krankenhäuser, Schulen, Flughäfen, Häuser und Einkaufszentren (um nur einige zu nennen) – die alle stark von der Verfügbarkeit von Edelstahl abhängig sind.

  • Allein im 20. Jahrhundert ist die Weltbevölkerung von 1,65 Milliarden auf 6 Milliarden angewachsen.
  • 1970 gab es etwa halb so viele Menschen auf der Erde wie heute.
  • Die Weltbevölkerung wächst um etwas mehr als ein Prozent jährlich.

 

http://www.worldometers.info/world-population/

Aufgrund der stetig wachsenden Anforderungen hinsichtlich Umweltschutz und Nachhaltigkeit hat die Bauindustrie u. a. verschiedene Strategien zur Emissionsreduzierung entwickelt. Eine davon ist der verstärkte Einsatz von natürlichen und nachwachsenden Materialien wie Holz oder der Einsatz besonders langlebiger und recycle-fähiger Baustoffe. Hier bietet Edelstahl einzigartige Vorteile. Ebenfalls im Zusammenhang mit dem Anstieg der Edelstahlproduktion ist die gewachsene Nachfrage nach Befestigungs- und Montagematerialien aus Edelstahl, insbesondere bei nachhaltigen Gebäuden in Holzbauweise.

Lebensmittelproduktion

In der Lebensmittelproduktion ist Edelstahl eines der am weitesten verbreiteten Materialien und für den Betrieb absolut entscheidend. Milch, Bier, Wein und alkoholfreie Getränke werden in Edelstahlanlagen und -behältern hergestellt und gelagert. Großküchenoberflächen, Kochgeschirr, Besteck und Spezialgeräte werden größtenteils aus Edelstahl gefertigt. Mit dem Bevölkerungswachstum folgt natürlich auch der Bedarf an Nahrungsmitteln diesem Aufwärtstrend und erzeugt weitere Nachfrage nach Edelstahlerzeugnissen. Einzelne Bereiche, die hier für Nachfrage sorgen, sind die boomenden Craft Beer-Märkte in Westeuropa und Nordamerika, die Gastronomie, die im Jahr 2019 ein deutliches Wachstum verzeichnen dürfte, und die gesamte Nahrungsmittelindustrie, die im Jahr 2018 im neunten Jahr in Folge ein Absatzwachstum berichtete. Quelle: Prognose für die Gastronomie 2019 [Englisch].

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Infrastruktur

Ein weiterer Faktor sind die Investitionen in Infrastrukturprojekte, die Regierungen auf der ganzen Welt stemmen müssen, um die wachsende Bevölkerung zu versorgen und deren Mobilität zu gewährleisten. In Großbritannien zum Beispiel werden beim High Speed 2 (HS2)-Projekt, einer geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke der Eisenbahn, Edelstahlkomponenten allgegenwärtig sein. Von den Abgassystemen, die in den neu hergestellten Zügen eingebaut sind, bis hin zu den Gepäckablagen in den Fahrgastabteilen. Edelstahl wird ebenso in den Leisten um die Wagenfenster herum wie auch für die Handläufe benötigt, die voraussichtlich von 300.000 Fahrgäste täglich bei den Treppen in den Bahnhöfen benutzt werden – für jedes Teil sind bei der Herstellung und bei der Endbearbeitung Schleifmittel erforderlich.

Endbearbeitung eines Edelstahl-Handlaufs

Wie dieses Video über die Endbearbeitung eines Edelstahlhandlaufs zeigt, sind eine Vielzahl verschiedener Schleifmittel, Verfahren und Fachleute erforderlich, um ein neu hergestelltes Teil zu bearbeiten, bevor es in der Praxis genutzt werden kann. Die Verfügbarkeit von Baustahl und die daraus hergestellten Artikel haben direkten Einfluss auf die gesamte Schleifmittelindustrie.

Mehr Menschen benötigen mehr Krankenhäuser und von den Wandpaneelen in Aufzugskabinen bis hin zum chirurgischen Skalpell wird Edelstahl verwendet, der sich lediglich in seiner Oberflächenbeschaffenheit und seiner chemischen Zusammensetzung unterscheidet. Der Unterschied, den eine bestimmte Oberflächenbeschaffenheit den Eigenschaften des Metalls verleiht, kann ganz erheblich sein; er wird stark durch die Art der verwendeten Schleifmittel beeinflusst.

Vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung, insbesondere mit Blick auf die große Gruppe der im Zeitraum von 1955 bis 1969 geborenen „Babyboomer“, dürfte die Nachfrage nach orthopädischen Implantaten wie künstliche Hüft- und Kniegelenken steigen. Allein in den USA überstiegen die Zahlen zuletzt die Grenze von 1 Million Operationen – das entspricht einer Verdreifachung über einen Zeitraum von 15 Jahren. Edelstahl ist nach wie vor einer der kostengünstigsten und am häufigsten verwendeten Werkstoffe für die Herstellung von Hüftimplantaten. Insbesondere bei Metall-auf-Metall-Verbindungen ist ein geringer Widerstand unerlässlich, um ein zu schnelles Verschleißen von künstlichen Gelenken zu verhindern. Daher sind extrem glatte Oberflächen zwingend erforderlich. Ähnlich verhält es sich im Operationssaal, wo die drei häufigsten Arten von chirurgischem Stahl die Sorten 316 (austenitisch), 420 (martensitisch) und 440 (martensitisch) sind. Austenitische Edelstähle der Sorte 316 enthalten einen geringen Molybdänzusatz, der die Beständigkeit gegen saure Bedingungen und Elektrolyte, wie sie im Blut vorkommen, verbessert. Die martensitischen Legierungen sind ähnlich beständig gegen Blut und gegen chemische Inhaltsstoffe wie Ammoniak und Kohlensäure. Um die gewünschte ultraglatte, bakterienhemmende Oberfläche zu erreichen, ist das Elektropolieren das am besten geeignete Verfahren.


2. Modernes Design

Ein weiterer potenzieller Treiber der Edelstahlproduktion könnte auf einen Wandel beim modernen Designgeschmack zurückzuführen sein. Die klaren Linien und das makellose Erscheinungsbild von Edelstahl sind in den letzten Jahren sehr in Mode gekommen und infolgedessen gefragter geworden.

Architektur

Edelstahl-Metallverkleidungen für Gebäude werden von einigen führenden Architekten nicht nur für funktionale Industrieprojekte, sondern auch für moderne Firmen- und Wohngebäude eingesetzt, bei den die Ästhetik des Materials für den Bauherrn von entscheidender Bedeutung ist. Die Oberflächenbeschaffenheit der Außenverkleidung aus Metall ist fast so wichtig wie die Auswahl des Metalls selbst – und ob nun gebürstet oder hochglanzpoliert wird, die technischen Schleifmittel von Norton sind bei der Endbearbeitung von Edelstahl immer ganz vorne mit dabei.

Innenarchitektur

Zunehmend wird auch für den Wohnungsbau Edelstahl von Bauherrn und Innenarchitekten gewählt. Moderne Gebäude weisen oft den gleichen Glas-und-Edelstahl-Look auf, wie man ihn auch in Geschäftshochhäusern findet – eine Art urbaner Business-Look. Neben der architektonischen Gestaltung spielt auch das Produktdesign von Einrichtungsgegenständen und Geräten eine Rolle: Vor allem die Nachfrage nach Haushalts- und Küchengeräten aus schwarzem Edelstahl ist sehr hoch. Die Attraktivität ist offensichtlich: In einer Welt, in der die Menschen immer weniger Zeit haben, um Dinge zu reinigen und zu pflegen, und angesichts steigender Lebenshaltungskosten weniger Geld zur Verfügung haben, um sie zu ersetzen, bietet schwarzer Edelstahl die ideale Kombination aus nachhaltigem Stil, Funktionalität und Langlebigkeit. Oberflächen aus „Edelstahl gebürstet" mit dem charakteristischen Strichfinish sind nach wie vor das klassische Finish der Wahl für Küchengeräte. (Erreicht wird dies mit einem Schleifband mit 120-180er Körnung, gefolgt von einem sehr feinen Vliesband, das in einer Richtung verwendet wird, um das Strichfinish zu erzeugen.)


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3. Nachhaltigkeit

Die Welt sucht nach Lösungen für ihre Umweltprobleme – und fast alle in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Technologien stehen in irgendeiner Weise mit Stahl in Verbindung. Windparks, Solaranlagen und geothermische Rohrleitungen enthalten einen erheblichen Anteil an Edelstahlkomponenten.

Edelstahl ersetzt heute viele Materialien beim Bau von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien und kommt bei praktisch allen Nachhaltigkeitstechnologien zum Einsatz. Die Gründe dafür sind die vergleichsweise geringen Kosten, der geringe Wartungsbedarf und Restwert von Edelstahl am Ende der Nutzungsdauer. Und: Edelstahl ist zu 100 % recycelbar. Die Langlebigkeit und der geringe Wartungsbedarf von Edelstahl machen ihn auch aus praktischer Sicht zu einer guten Wahl, insbesondere bei Offshore-Windparks, wo korrosives Meerwasser die meisten anderen Materialien schädigt und Reparaturen oft schwierig und kostspielig sind.

Da Edelstahl 316 eine höhere Korrosionsbeständigkeit aufweist als die Sorte 304, wird er in der Regel für diese Art von Anwendung verwendet (wie bereits seit vielen Jahren für Offshore-Ölplattformen). Die vorteilhaften Eigenschaften von Edelstahl 316 ergeben sich aus einem höheren Nickelanteil, der ihn zwar teurer macht, was aber zum Beispiel über die Lebensdauer eines Offshore-Windparks bei weitem durch geringere Wartungskosten aufgewogen wird.


4. Automobilindustrie

Jedes Jahr sind mehr Autos auf den Straßen der Welt unterwegs als im Jahr davor, wobei die Produktionszahlen weit über denen der Verschrottung liegen. Da Edelstahl (hauptsächlich) in den Abgassystemen von Straßenfahrzeugen vorkommt, ist die Produktion dieser Komponenten im Automobilbau untrennbar mit der Verfügbarkeit und dem Preis von Edelstahl auf dem Weltmarkt verbunden.

   

Autoabgassysteme

Die Innenflächen eines Autoabgasrohres sind hohen Temperaturen und korrosiven Gasen ausgesetzt, während die Außenseite Straßenverhältnissen und Witterungsbedingungen wie Feuchtigkeit und Salz ausgesetzt ist. Edelstahl ist ein kostengünstiges und ausreichend chemisch beständiges Material für Autoabgassysteme. Die beiden wichtigsten Edelstahlsorten, die für Abgaskomponenten verwendet werden, sind 304 und 409. Der Unterschied zwischen den beiden besteht wiederum im Chrom- und Nickelgehalt. Die Sorte 304 enthält einen höheren Anteil an Chrom und Nickel, was sie teurer aber wesentlich rostbeständiger macht.

Elektrofahrzeug-Ladestationen

Die wachsende Bedeutung von Elektroautos bedeutet auch, dass dafür ein umfassendes Netz von Ladestationen für Elektrofahrzeuge aufzubauen ist. Aus heutiger Sicht ist das ChargePoint-Netzwerk mit derzeit rund 800.000 Einheiten das weltweit größte System von Ladestationen. ChargePoint hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Zahl in den nächsten zehn Jahren um weitere fünf Millionen Stationen zu erhöhen. Die dafür verwendeten Ladegeräte sind typischerweise die des größten britischen Lieferanten: BP Chargemaster-Geräte (und auch die der meisten anderen Anbietern) haben ein Gehäuse und einen Rahmen aus pulverbeschichtetem Edelstahl und RIM-Polymerplatten. Daher dürfte die Nachfrage nach Edelstahl zu Herstellung der geplanten 5 Millionen E-Auto-Ladestationen (und der zur Fertigstellung erforderlichen Schleifmittel) für die kommenden Jahre ein Wachstumsfeld bieten.


Auswirkungen auf den Schleifmittelmarkt

Werkstücke aus Edelstahl benötigen bei der Produktion und Weiterverarbeitung in aller Regel mindestens einen Schleifprozess zur Herstellung des Endprodukts, das dann den jeweiligen Einsatzzweck verwendet wird. So erfordert beispielsweise fast jede einzelne Schweißnaht auf Edelstahl einen nachfolgenden Schleif- und/oder Finish-Prozess. Aus allen vorgenannten Gründen wird die globale Nachfrage nach Edelstahlprodukten bis weit in die Zukunft einen wichtigen Absatzmarkt für unsere Schleifprodukte schaffen. Da sich die derzeitigen Technologien im Bereich Edelstahl ständig verbessern und neue Technologien entwickelt werden, wird der Bedarf an neuartigen und immer effizienteren Schleifmitteln fortbestehen. Bei Saint-Gobain Abrasives nehmen wir unsere Position als weltweit führender und innovativer Anbieter in der Schleifmittelindustrie sehr ernst und investieren immer wieder erheblich in die Entwicklung neuer Generationen industrieller Lösungen. Gerne beantworten wir Ihre Fragen und entwickeln mit Ihnen passende Lösungen für Ihre Prozesse - sprechen Sie uns an.